Pressemitteilung: Lage zwischen Belarus und der EU
12. November 2021Scroll for an unofficial English translation
Nach der brutalen Unterdrückung der eigenen Bevölkerung nutzt das Regime in Belarus nun die Verzweiflung von Menschen – oft aus den Kriegsgebieten – aus, um die Europäische Union zu destabilisieren. Tausende Menschen sitzen vorwiegend an der belarussisch-polnischen Grenze unter entsetzlichen und inhumanen Bedingungen fest. Lukaschenko weitet diese unmenschliche Praxis sogar aus, indem er die Flüge aus Ländern wie Irak, Syrien, Türkei oder den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Minsk und zu den regionalen Flughäfen von Belarus drastisch erhöht.
MdEP Viola von Cramon-Taubadel, Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und Schattenberichterstatterin für Belarus von der GREENs/EFA-Fraktion, kommentiert hierzu:
Die Unmenschlichkeit des Lukaschenko-Regimes hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Tausende von Migrant:innen sitzen derzeit im belarussischen-polnischen Abschnitt der EU-Außengrenze fest. Der belarusische Diktator macht kein Hehl daraus, dass die neuerlichen brutalen Maßnahmen gegenüber Geflüchteten und Migrant:innen eine klare Revanche für die Sanktionen darstellen, die die EU nach der Entführung des Ryanair-Flugzeugs am 23. Mai in Kraft setzte. Allerdings handelt Lukaschenko bei dieser menschenverachtenden Offensive sicher nicht ohne Rückendeckung aus dem Kreml.
In dieser dramatischen Situation muss die EU, insbesondere das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, (EASO), an der polnischen Grenze präsent sein und die polnische Regierung bei der Ankunft der Migrant:innen unterstützen, um die Menschenwürde aller Ankommenden zu gewährleisten und die Grundwerte der EU zu verteidigen.
Gleichzeitig sollte das lange verhandelte, nun mehr fünfte Sanktionspaket von den EU-Mitgliedsstaaten so schnell möglich beschlossen werden. Um tatsächlich eine Wirkung zu erzielen, müssen die Maßnahmen robuster sein als in der Vergangenheit und die Implementierung sollte zeitnah erfolgen. Alle Wirtschaftssektoren, die Lukaschenkos Regime finanziell stützen, müssen eingeschlossen werden. Viele Schlupflöcher – vor allem in den strategisch bedeutenden Sektoren wie bei den Raffinerieprodukten oder im Düngemittelsekor – müssen dringend geschlossen werden. Zusätzlich müssen Banken und Finanzdienstleistungen in die Sanktionen integriert werden. Ebenso braucht es einen deutlich größeren Kreis an Sanktionen gegenüber Individuen, die sich an der Unterdrückung, Verhaftung, Folter und Mord mitschuldig gemacht haben.
Alle Mitgliedstaaten, die in der Vergangenheit versucht haben, eine solche Verschärfung der Sanktionen zu verhindern, müssen verstehen, dass sie am Leid vieler Menschen in Belarus und weit darüber mit verantwortlich sind.
Zudem sollte die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der Migrant:innen weiter intensiviert werden. Im Fall des Irak hat es bereits erste Erfolge gegeben. Alle Fluggesellschaften, die Migrant:innen nach Belarus befördern, sollten vom europäischen Markt ausgeschlossen werden. Das Gleiche gilt für Firmen, die nach wie vor Flugzeuge an die belarusische Fluglinie Belavia leasen.
Zuletzt muss sich die Europäische Union selbst dieser Herausforderung stellen. Ein Auslagern in die Nachbarstaaten der EU ist keine Lösung. Solange es keine Lösung für eine gemeinsame Asylpolitik innerhalb der EU gibt, werden wir nicht angemessen auf eine solche Erpressungspolitik reagieren können.“
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Unofficial English translation:
After brutally repressing its own population, the regime in Belarus is now exploiting the desperation of people often coming from war zones in order to destabilize the European Union. Thousands of people are stranded mainly on the Belarusian-Polish border in appalling and inhumane conditions. Lukashenko is expanding this inhumane practice even further by drastically increasing flights from countries such as Iraq, Syria, Turkey, and the United Arab Emirates to Minsk and Belarus’ regional airports.
MEP Viola von Cramon-Taubadel, member of the Foreign Affairs Committee and shadow rapporteur on Belarus from the GREENs/EFA group at the European Parliament, commented on the development:
„The inhumanity of the Lukashenko regime has reached a new low. Thousands of migrants are currently stranded on the Belarusian-Polish section of the EU’s external border. Belarusian dictator makes no secret of the fact that the recent brutal measures against refugees and migrants are a clear revenge for the sanctions imposed by the EU after his hijacking of the Ryanair plane on May 23. However, Lukashenko is certainly not acting without backing from the Kremlin in this inhumane offensive.
In this dramatic situation, the EU, in particular the European Asylum Support Office (EASO), must be present at the Polish border and support the Polish government in the arrival of migrants in order to uphold the human dignity of all people and defend the fundamental values of the EU.
At the same time, the long-negotiated fifth sanctions package should be adopted by the EU members as soon as possible. To have a real impact, the measures need to be more robust than in the past and implementation should be swift. All economic sectors that financially support Lukashenko’s regime must be included. Many loopholes – especially in strategically important sectors such as refined products or fertilizer – need to be closed urgently. In addition, banks and financial services need to be included on the sanctions list. Similarly, there is a need for a much wider range of sanctions against individuals complicit in repressions, detentions, torture, and murder.
All member states that have tried to prevent such a tightening of sanctions in the past must understand that they share responsibility in the suffering of many people in and beyond Belarus.
In addition, cooperation with the migrants‘ countries of origin should be further intensified. In the case of Iraq, there have already been some successes. All airlines that transport migrants to Belarus should be excluded from the European market. The same applies to companies that continue to lease aircraft to the Belarusian airline Belavia.
Finally, the European Union itself must face this challenge. Outsourcing to the EU’s neighboring countries is not a solution. As long as there is no solution for a common asylum policy within the EU, we will not be able to respond adequately to such a policy of blackmailing.