Osteuropa

Ad-hoc Mission in die Ukraine

09. Februar 2022
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Zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit war ich gemeinsam mit Kolleg*innen aus Deutschland bzw. aus dem Europäischen Parlament im Süd-Osten der Ukraine unterwegs, um mir ein Bild von der Situation an der Kontaktlinie zu verschaffen. Nachdem Putin bereits im Frühjahr 2021 mit dem Aufmarsch großer Truppenverbände an der Ostgrenze der Ukraine begonnen hat, ist er nun dazu übergegangen nicht nur einsatzbereite Truppenverbände in großer Zahl an die Grenze zu schicken, sondern auch die gesamte Infrastruktur, die für einen Krieg benötigt wird. Angefangen von Auszahlungszahlungsstellen für den Sold der russischen Soldaten, über mehrere Hospitäler bis nun auch die Anlieferung von Blutreserven. Nach Einschätzung vieler internationaler Militärexpert*innen werden solche „Vorkehrungen“ wohl kaum getroffen, wenn sich lediglich um reine Trainingsmaßnahmen oder auch nur kurzfristige Manöver geht.Viele Menschen in der EU sind extrem beunruhigt, was diese militärische Aufrüstung bedeuten könnte und mit welchem Zweck Putin Truppen aus den östlichen Landesteilen zusammenziehen sollten, wenn er nicht ernsthaft auch einen weiteren Einmarsch in die Ukraine in Erwägung zieht.In diesem Sinne liegt und lag es uns im Europäischen Parlament sehr am Herzen, sich in dieser kritischen Situation ein Bild vor Ort zu verschaffen und mit den verschiedenen Akteuren in der Ukraine, aber auch mit den Kolleg*innen in der Ukrainischen Verhochovna Rada zu sprechen, wie sie selbst die aktuelle Lage einschätzen.Deshalb bin ich sehr kurzfristig, gemeinsam mit meinen Kolleg:innen aus dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des EP am Sonntag in die Ukraine gereist, um ein deutliches Zeichen der Unterstützung zu setzten – für die Souveränität und Integrität der Ukraine.

Während meines Besuchs in der Ukraine hatte ich unter ander die Gelegenheit, mich mit dem ukrainische Premierminister Denys Shmyhal, Verteidigungsminister Oleksii Reznikov, Kolleg:innen im Auswärtigen Ausschuss und dem Verteidigungsausschuss der Rada, Unternehmen und Organisationen über die Entwicklung an der ukrainischen Grenze zu Russland auszutauschen. Dabei ging es neben vielen anderen Fragen auch darum, wie die EU ihr Engagement für die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität der Ukraine, ihre Widerstandsfähigkeit gegen hybride Bedrohungen, die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die weitere Integration in die EU auf der Grundlage des Assoziierungsabkommens unterstützen kann.Die Situation im Donbas bleibt nach wie vor extrem angespannt. In dem letzten Jahr hat Moskau die Arbeit der internationalen Beobachter*innen auf der Seite der besetzten Gebiete noch weiter erschwert. Mitglieder der OSZE-Sonderbeobachtungsmission wurden an vielen Stellen der Zugang in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten komplett verwehrt, Übergänge wurden geschlossen. Als Grund wurde häufig die Pandemie genannt.Seit dem Ausbruch des Konflikts im Jahr 2014 hat die EU mehr als 950 Mio. EUR für die Gebiete im Osten der Ukraine zur Verfügung gestellt, darunter humanitäre Hilfe, Unterstützung für den Wiederaufbau und sozioökonomische Entwicklungshilfe.Mindestens genau so bedeutend ist allerdings, die Funktionalität der lokalen Verwaltung in der Ostukraine zu verbessern, Demokratie und Rechtsstaatlichkeiten zu stärken, den grundlegenden Lebensstandard zu schützen und das Leid der vom Konflikt betroffenen Bevölkerung zu lindern. Auch Universitäten und Bildungsstätten, die durch die Besetzung Russlands umziehen mussten, profitieren von den EU- Geldern. Ganz besonders wichtig sind die EU-Hilfen bei dem Aufbau psychosozialer Hilfe für Betroffene in dem Kriegsgebiet sowie die Aus- und Fortbildung in der Minenräumung.