24.11. Podiumsdiskussion: Umgang mit China
01. Januar 2019Am 24. November habe ich im Künstlerhaus Hannover mit meinen Podiumsgästen diskutiert.
Wie sollen Deutschland und Europa in Zeiten zunehmender globaler Spannungen mit China umgehen?
Diese Frage haben Christoph Giesen (DER SPIEGEL), Dominic Sachsenmaier (Universität Gießen), Gregor Sebastian (MERICS), Viola von Cramon und Zhu Yi (Echowall Project) in Hannover im Künstlerhaus Hannover mit Ottmar von Holtz (ehemaliges Mitglied des deutschen Bundestages) sowie mit dem Publikum diskutiert. Sie haben gemeinsam einige Empfehlungen für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft herauskristallisiert.
Links: Christoph Giesen per Zuschalte aus Beijing. Rechts, v.l.: Gregor Sebastian, Viola von Cramon, Dominic Sachsenmaier, Ottmar von Holtz
Emotionale Debatten helfen nicht
Seit dem Bekanntwerden der Pläne zum Verkauf von Teilen des Hamburger Hafens an die chinesische Firma COSCO hat Deutschland endlich eine Chinadebatte. Diese wird aber weniger faktenbasiert, als vielmehr emotionalisiert in der Tagespresse geführt. Dabei bleibt die Frage „wie abhängig ist Deutschland von China?“ oft nur in Teilen beantwortet.
Übersehen wird im deutschen Chinadiskurs vieles:
Es gibt keine einseitige Abhängigkeit. Ignoriert wird zumeist, dass auch die chinesischen Firmen ein Gewinninteresse haben. Stattdessen finden sich in der öffentlichen Debatte Deutschlands immer wieder unkritisch Zahlen über die Absätze von Unternehmen wie VW als Beweise für eine bestehende Abhängigkeit Deutschlands von China.
Auch die vielen Misserfolge von chinesischen Firmen finden keinen Anklang. Wahrgenommen werden vor allem erfolgreiche Übernahmen durch chinesische Unternehmen.
Mehr Expertise in Politik und Wirtschaft, mehr langfristige Planung
Derzeitige Leerstellen in der Chinadebatte zeigen, dass diese eine neue Richtung benötigt. Für eine handlungsleitende Diskussion zum Umgang mit der chinesischen Wirtschafts- und Politikstrategie brauch es mehr Wissen über die Volksrepublik.
Personen mit Chinakompetenzen in Politik und Wirtschaft können helfen die europäischen Planung langfristiger zu gestalten.
Die Kommunistische Partei Chinas denkt schon lange in Jahrzehnten: Bis 2025 möchte die KP die Industrie des Landes aufwerten und 2050 eine der fortschrittlichsten Wirtschafts- und Militärmächte der Welt werden. Dagegen planen deutsche CEO´s im Moment in Quartalen und die Politik über ein bis zwei Legislaturen.
China ist nicht alternativlos - Risikostreuung als Ziel für Unternehmen
So begrüßenswert die aktuelle Debatte ist, der europäische und deutsche Blick darf sich nicht zu sehr auf China verengen. Die Lektion aus dem Russischen Krieg in der Ukraine hat eine Debatte über wirtschaftliche Entflechtung mit der Volksrepublik befeuert. Weniger beachtet, dennoch nicht weniger wichtig für diesen Schritt sind Probleme des Technologietransfers, wie sie oft in Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen stattfinden.
Für eine Risikostreuung müssen mehr Unternehmen nach Produktions- und Fertigungsstätten abseits des chinesischen Marktes suchen.
Auch wenn sich deutsche Automobilhersteller bemühen in Werbevideos an die chinesische Bevölkerung anzubiedern: Nach der Bestätigung der dritten Amtszeit von Xi Jinping wird Chinas Politik voraussichtlich weiter auf Abschottung und die Etablierung inländischer Produkte für den eigenen Markt setzten. Hinzu kommen mit einer sinkenden Geburtenrate, einer Überalterung und niedrigen Renten demografische Probleme auf das Land zu. So gewiss, wie es die Pekinger Führung plant, ist Chinas Zukunft nicht.
Europa muss sich als eigenständiger Akteur begreifen
In der sich immer weiter zuspitzenden Konfrontation zwischen den USA und China können die europäischen Länder nur als Gemeinschaft ein Gegengewicht bilden. Viele Hausaufgaben gilt es noch zu erledigen, um der Einflussnahme Chinas sowie anderer Akteure Gesetze und adäquate Instrumente entgegenzusetzten. Erste Schritte dafür sind mit dem Lieferkettengesetz sowie dem Europäischen Chip-Gesetzt angegangen worden.
Für die nahe Zukunft muss sich Europa die Frage stellen, was zusammen mit China erreicht werden kann und wo rote Linien zu ziehen sind.
Der Dialog mit Bürger*innen ist dabei sicher eines von vielen Mitteln, um eine breitere Debatte zu China in die Wege zu leiten und neue Wege für die Zukunft zu finden.